Bertel Thorvaldsens Leben um die Jahrhundertwende
Der junge Künstler war bereits erfolgreich, doch seinen Stil hatte er noch nicht gefunden. Die Kunstakademie vergab ein Reisestipendium an ihn, das seine weitere künstlerische Laufbahn stark beeinflusste. Er reiste in den Jahren 1795 bis 1797 von Kopenhagen über Malta und Neapel nach Rom. Dort lernte er den dänischen Archäologen Georg Zoega (1755-1809) kennen und richtete sich ein Atelier ein. 1798 traf er die Frau des preußischen Diplomaten Wilhelm Uhden (1763-1835), Anna Maria Uhden (geb. Magnani) (1772-1846). Er begann ein Verhältnis mit ihr. Sie schenkte ihm zwei Kinder.
Die Faszination der antiken Kunst inspiriert Thorvaldsen
Durch seine Bekanntschaft mit Zoega und das römische Flair kam er eng mit der antiken Kunst in Kontakt. Fasziniert von der makellosen Schönheit der Statuen, kopierte Thorvaldsen 1799 antike Skulpturen. Im Jahr 1800 begann er als erstes eigenes Werk in antikem Stil mit der Arbeit an der Statue des „Jason“ (1800-1803). Allerdings war er unzufrieden mit seiner Arbeit und zerstörte das erste Tonmodell zwei Jahre später. Sofort im Anschluss begann er erneut mit der Arbeit am „Jason“ und schuf ihn nun in Überlebensgröße. Dieses Werk stellte ihn zufrieden. Die Dichterin Friederike Brun (1765-1835) war fasziniert von der Statue und war überzeugt davon, dass Thorvaldsen die antike Kunst wieder auferstehen ließ. Sie gab einen Abguss des „Jason“ in Gips in Auftrag. Der Architekt Thomas Hope (1769-1831) bestellte gar ein Exemplar aus Marmor. Bis zur Auslieferung der Bestellung sollten 25 Jahre vergehen. Im Jahr 1804 wurde Thorvaldsen Mitglied der Kunstakademie in Florenz. Ein Jahr später ernannte ihn die Kunstakademie Kopenhagen zum Mitglied und Professor. In beiden Jahren verbrachte er den Sommer bei Baron und Baronesse Schubart auf Montenero und schuf dort Werke wie „Bacchus“ (1804), „Ganymed“ (1804) und „Apollo“ (1805).
Royale Anerkennung für einen herausragenden Künstler
Thorvaldsens Werke waren bereits zu seinen Lebzeiten sehr begehrt. Jeder, der etwas auf sich hielt und dem Humanismus zugetan war, schmückte sein Heim und Hof mit antiken Statuen oder Reliefs. Originale waren natürlich schwer zu bekommen. Thorvaldsen perfektionierte seine Arbeit so weit, dass seine Werke eine angemessene Alternative darstellten. Er modellierte die Statue des „Adonis“ (1808), die der Kronprinz Ludwig (I.) von Bayern (1786-1868) in Marmor bestellte. Für das Schloss Christiansborg fertigte er vier Reliefs und vier Statuen. Er wird schließlich im Jahr 1808 Mitglied der römischen Kunstakademie. Es folgten zahlreiche Aufträge, aus denen bedeutende Werke entstanden. Besonders die Herrscher und der Adel dieser Zeit waren von der Kunst Thorvaldsens begeistert. Anlässlich eines Besuchs Napoleons (1769-1821) erarbeitete Thorvaldsen den „Alexanderfries“ (1812) für den Quirinalspalast. Die Gräfin Ostermann-Tolstój gab eine Büste ihrer selbst in Auftrag (1815) und Ludwig von Bayern betraute Thorvaldsen mit der Restaurierung der antiken Giebelfiguren der Ägina.
Mit einer gescheiterten Liebe zu frischer Inspiration
Im Jahr 1818 traf Thorvaldsen eine Frau, die ihn faszinierte und im Gegensatz zu Anna Maria nicht die Frau eines anderen war. Miss Frances Mackenzie übte einen unwiderstehlichen Zauber auf den Künstler aus, der dazu führte, dass er sich bereits 1819 mit ihr verlobte. Doch das frische Glück hielt nicht lang, denn nur wenige Monate später wurde die Verlobung gelöst. Daraufhin verließ Thorvaldsen Rom und reiste zurück nach Kopenhagen, wo er mit der Arbeit an den Portraitbüsten der dänischen Königsfamilie begann. 1820 wurde er zum Etatsrat ernannt und erhielt zahlreiche weitere Aufträge für Könige und Herrscher. Unter anderem modellierte er in Polen die Büste des „Zars Alexander I.“ (1820). Verschiedene Monumente und Grabmäler folgten, die er schnell, aber mit Perfektion fertigte. Thorvaldsen lebte für seine Arbeit. Die gescheiterte Liebe beflügelte ihn, denn sein Augenmerk konnte so völlig auf seinen Werken liegen. Für seine Aufträge war er bereit, weite Reisen auf sich zu nehmen. Darum führte ihn sein Werk im Jahr 1820 zurück nach Rom. Für die Frauenkirche fertigte er dort die „Christus-Statue“ (1821), die „Statuen der Apostel“ (1821) und die Giebelgruppe „Die Predigt Johannes des Täufers“ (1821). Ein bedeutender Auftrag für ihn war das „Grabmal für Papst Pius VII.“ (1823-1831). Mit diesem Werk verewigte sich Thorvaldsen in der Peterskirche. Im Jahr 1826 empfing er ehrenvoll den Papst Leo XII. (1760-1829) in seinem Atelier.
Ein Museum zur Adelung des Künstlers
Der Ritterschlag eines Künstlers ist wohl der Beginn der Planung eines Museums zu seinen Ehren. Das Wirken Thorvaldsens war so bedeutend und die Fertigstellung großer und zahlreicher Aufträge war so beeindruckend, dass schon zu seinen Lebzeiten im Jahr 1834 erste Pläne für ein Thorvaldsen-Museum in Kopenhagen entstanden. Passend dazu entschied sich der Künstler 1837 seine Werke und Sammlungen der Stadt Kopenhagen zu vermachen. Im Jahr 1842 konnte er das im Bau befindliche Museum zu seinen Ehren besuchen. Bis kurz vor seinem Tod am 24. März 1844 ließ sein Eifer und Fleiß nicht nach. Noch im selben Jahr begann er mit der Arbeit an einer Büste Luthers, die er nie fertig stellen konnte.
Thorwaldsens Werke von unvergleichlicher Schönheit
Thorwaldsens Schaffen und Wirken beeinflusste den Klassizismus maßgebend. Mit seiner unermüdlichen Schaffenskraft vollendete er zahlreiche bedeutende Werke. Darunter befindet sich die Statue „Ganymed mit Adler“ (1817). Die Vollplastik auf einem Sockel zeigt den Sohn des trojanischen Königs Tros, der in der Sage als der schönste Mensch auf Erden bezeichnet wurde. Als Mundschenk nahm Zeus ihn aufgrund seiner Schönheit im Olymp auf. Die Szene zeigt Ganymed, wie er Zeus in Gestalt eines Adlers tränkt. Beide Figuren sind im Profil wiedergegeben, sodass die Plastik eher zweidimensional als rundplastisch wirkt. Diese Besonderheit faszinierte viele Kunstliebhaber, sodass mehrere Fassungen dieses Werkes geschaffen wurden.