Kunst und Unternehmertum geschickt vereint
1901 verließ Preiss im Alter von 19 Jahren Wilmanns Werkstatt. Zunächst besuchte er die Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums in Berlin. Danach unternahm Preiss noch im selben Jahr Bildungsreisen nach Rom, Mailand und Paris. Seinen Lebensunterhalt finanzierte er durch eine Tätigkeit als Modelleur. Auch nach seiner Rückkehr nach Deutschland im Jahr 1905 setzte er diese Arbeit fort. In Baden-Baden lernte der Künstler seinen späteren Freund und Geschäftspartner Arthur Kassler kennen. Mit ihm gründete er 1906 das Unternehmen Preiss & Kassler, eine auf Elfenbeinkunst spezialisierte Werkstatt mit Sitz in Berlin. Die Geschäftsleitung teilten sich die beiden Freunde. Preiss übernahm in dieser Partnerschaft die künstlerischen und kreativen Aufgaben. Er stellte Modelle her, während Kassler die kommerzielle Führung übernahm.
Unternehmerischer Erfolg, Familienglück und eine neue Heimat
Ein Jahr später heiratete er die Berlinerin Margarethe Hilme. Kurz darauf wurden sein Sohn Harry und seine Tochter Lucie geboren. Nicht nur familiär lief es gut für Preiss. Auch das Unternehmen arbeitete erfolgreich. In den ersten Jahren nach der Werkstattgründung fabrizierten die Unternehmer Kleinplastiken aus Elfenbein, darunter Kinderstatuen und Skulpturen, deren Inspiration sie aus den klassischen Idealen schöpften. Der Erfolg und seine Familie bewegten Preiss dazu, seine Staatsbürgerschaft aufzugeben. 1908 nahm er die preußische Staatsbürgerschaft an.
Ein Exportschlager für England
Ab 1910 entstanden neben Modellkollektionen erste Kombinationsplastiken aus Bronze und Elfenbein. Damit hoben sich die Kreationen der Firma Preiss & Kassler deutlich von den Figuren anderer Künstler und Anbieter ab. Die jugendlichen Frauenfiguren waren sehr begehrt und brachten eine verlässliche Versorgung für Preiss’ Familie ein. Zu den frühesten Werken dieser Art zählt die Statuette Carmen (1906-1910), die mit ihrer lieblichen Ausstrahlung die zeitgenössischen Kunstkenner erfreute. Die Kombinationsfiguren waren so erfolgreich, dass sie später einen festen Platz im Unternehmensportfolio erhielten. Vor allem in England waren die Figuren der Tänzerinnen und Sportlerinnen wegen der stimmigen Proportionen und der harmonischen Bewegungsdarstellung sehr beliebt. 1914 beschäftigte das Unternehmen sechs Elfenbeinschnitzer. Durch den Ersten Weltkrieg musste das Geschäft jedoch zeitweise aufgegeben werden.
Wiederaufnahme des Geschäfts - Mit mehr Erfolg und eigenem Markenzeichen
Nach Kriegsende nahmen die Unternehmensgründer ihr Geschäft wieder auf. In den 1920er Jahren florierte das Unternehmen. Bemalte Bronze und aufwendig geschnitztes Elfenbein wurden zum Markenzeichen der Firma PK, wie sie nun abgekürzt wurde. Nach der Neuaufnahme des Geschäfts arbeiteten acht Elfenbeinschnitzer für die Firma. Im Jahr 1929 erweiterte sich PK mit der Übernahme der Berliner Gießerei Rosenthal & Maeder. Die Kernkompetenz des Unternehmens bestand in der Folgezeit in der Fertigung von Kabinettsplastiken im Stil des Art déco. Als Fundament wurden Onyx- und Marmorsockel verwendet. Für eine Integration der Kunst in den Alltag wurden die Plastiken mitunter an Tischuhren und Lampensockeln angebracht. Nahezu alle Modelle wurden von Ferdinand Preiss entworfen und in Serie hergestellt.
Bis heute hohe Preise für besondere Kunstwerke
Die Unternehmensgeschichte schreibt sich bis ins Jahr 1943 fort. In diesem Jahr starb Preiss im Alter von 61 Jahren an einem Gehirntumor. Kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1945 brannte die Berliner Werkstatt bei einem Bombenangriff vollständig aus, was eine erneute Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeiten durch Kassler unmöglich werden ließ. Preiss’ Kombinationsplastiken gehören heute weltweit zu den höchstbezahlten. Aufwendige Replikate dieser beeindruckenden Statuen finden Sie hier in unserem Shop.